Wir in der Presse
JUGENDHILFEREPORT 03/2022
SCHWERPUNKT
KINDER MIT PSYCHISCH- UND/ODER SUCHTERKRANKTEN ELTERN IM BLICK
Von Birgit Steuer, Leiterin Koordinierungsstelle des Oberbergischen Kreises
und Sandra Karsten, Geschäftsführerin, LEBENSFARBEN – Hilfen für Kinder und Jugendliche e.V.
KINDER UND JUGENDLICHE MIT einem psychisch- und/ oder suchterkrankten Elternteil befinden sich oftmals in einer besonders belasteten Lebenssituation.
Um die damit einhergehenden Unterstützungsbedarfe aufzugreifen und Angebote gut zu koordinieren, wurde 2020 ein Steuerungsgremium in der Koordinierungsstelle für gesellschaftliche Entwicklung beim Kreis eingerichtet.
Darin ist die Gesundheits- und Jugendhilfe aus dem Oberbergischen Kreis miteinander vernetzt.
Mit Blick auf alle 13 Kommunen im Oberbergischen Kreis werden gemeinsam Angebote wie der Verein LEBENSFARBEN als Lotsendienst initiiert und weiterentwickelt, um Kinder und Jugendliche bei ihren Alltagsproblemen zu unterstützen und ihnen eine Perspektive zu schenken.
Familien mit einem psychisch- oder suchterkrankten Elternteil benötigen und erhalten häufig Hilfeangebote unterschiedlicher Leistungsträger. Die psychische Erkrankung verursacht
oftmals eine eingeschränkte Kommunikationsfähigkeit, und die Betroffenen haben meist wenig Kenntnis über vorhandene Angebote im Sozialraum. Hinzu kommt die Angst vor Stigmatisierung und familienrechtlichen Konsequenzen.
Die Koordination und Vernetzung aller Leistungen für Personen mit psychischen Erkrankungen und ihrer Angehörigen ist auch aufgrund der in der Regel komplexen Bedarfslage sehr wichtig.
Bei der Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit psychisch und/oder suchterkrankten Elternteilen ist der Blick auf die Familie als Gesamtsystem und damit einhergehende Wechselwirkungen unabdingbar.
Hilfen aus dem Gesundheitswesen, der Kinder- und Jugendhilfe, der Familienhilfe sowie weitere Hilfesysteme sind zusammenzuführen.
Dass die dafür notwendigen Kooperationen und Vernetzungen entwickelt und koordiniert werden müssen, liegt auf der Hand.
DIE KOORDINIERUNGSSTELLE BEIM OBERBERGISCHEN KREIS
2019 wurde die Koordinierungsstelle für gesellschaftliche Entwicklung im Oberbergischen Kreis eingerichtet. Sie arbeitet im Querschnitt zu den Ämtern und Dezernaten und ist im Leitungsstab des Landrats angesiedelt.
»Unsere Aufgabe ist es, über verschiedene Handlungsfelder hinweg unterschiedliche Akteur*innen zusammenzubringen, um an gemeinsamen Zielen zu arbeiten«, beschreibt Birgit Steuer, Leiterin der Koordinierungsstelle, ihre Arbeit.
Im Oberbergischen Kreis wird themenbezogen kooperiert. (Koordinierungs-)Fachkräfte und Planer*innen werden zu Netzwerkpartner*innen.
Gemeinsam im Netzwerk, am Bedarf orientiert, werden die Angebote weiterentwickelt.
Dies erfordert eine klare Kommunikation mit ebenso klar formulierten Rollen sowie eine stetige Dokumentation der Arbeit.
Es gilt Abstimmungsprozesse zu organisieren, Entwicklungsbedarfe zu erkennen und Handlungserfordernisse zu definieren.
Für die Gestaltung der Angebotslandschaft (etwa der Weiterentwicklung einer bedarfsgerechten Hilfelandschaft für Familien sowie von Lebenslagen und Lebensphasen entsprechenden Teilhabechancen) sind strategisch-konzeptionelle sowie innovative Vorgehensweisen und Lösungen erforderlich.
Die Koordinierungsstelle initiiert Initiativ-Kreise, die sich mitunter zu Lenkungskreisen mit Kooperationsvereinbarungen entwickeln und somit strukturell verankert werden. Sie hat eine impulsgebende, vermittelnde, steuernde Funktion.
An dieser Stelle müssen Akteur*innen gewonnen und mit ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten eingebunden werden.
Hierzu bietet die Koordinierungsstelle eine Plattform zum fachlichen Austausch, zur Sichtung der Bedarfe, zur Erkennung von Angebotslücken und zur Planung von neuen Angeboten zu Bedarfsdeckung.
Sie ist Schnittstelle zwischen Verwaltung und externen kommunalen Akteur*innen sowie Mittlerin innerhalb und außerhalb der Verwaltung.
Als abteilungs- und arbeitsfeldübergreifende Aufgabe werden über die Koordinierungsstelle in Form von Arbeitsplattformen zunächst Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit geklärt, um anschließend an Konzepten, Zielen, Handlungsplänen und Maßnahmen sowie der Entwicklung von Handlungsfeldern zu arbeiten.
LÖSUNGEN FÜR BEDARFSLÜCKEN FINDEN
Im Fall der Angebote für Kinder und Jugendliche von psychisch und/oder suchtkranken Eltern
wird durch die Vernetzung von Jugendhilfeplanung und Amtsleitungen der fünf Jugendämter
im Oberbergischen Kreis, Psychiatriekoordination, Kinder- und Jugendärztlicher Bereich
des Gesundheitsamts, Psychiatrieklinikleitung, Stiftungsleitung und der Koordinierungsstelle
LEBENSFARBEN e.V. ein konzeptioneller Rahmen mit besonderem Blick auf die gesamte
Familie geschaffen. Die handelnden Akteur*innen bildeten eine Steuerungsgruppe und
schlossen mit Zustimmung der Entscheidungsträger*innen der Verwaltung eine Kooperationsvereinbarung.
Sie konnten fachliche Unterstützung und Förderung vom Landschaftsverband
Rheinland (LVR) akquirieren und arbeiten nunmehr als Präventionsnetzwerk an der Weiterentwicklung
der Bausteine einer Präventionskette. Diese handlungsfeld- und systemübergreifende
Arbeit der Jugend- und Gesundheitshilfe findet Lösungen für Herausforderungen
und Bedarfslücken. Durch gegenseitiges, unterstützendes und gemeinsames zielgerichtetes
Vorgehen wird Öffentlichkeit über Medien sowie in Fachkreisen erzeugt (Fachveranstaltungen,
wie die PSAG-Jahrestagung); gleichermaßen wird die Kommunalpolitik durch Berichterstattung
in den Fachausschüssen erreicht.
Als Lotsendienst/Case Management fungiert der Verein LEBENSFARBEN Hilfen für Kinder
und Jugendliche e.V. mit seinem Standort in Wiehl als fallbezogene Koordinationsstelle im
Rahmen des kreisweiten Netzwerks »Lückenlos«. »Wir möchten durch unsere Netzwerkarbeit,
die oft komplexen Bedarfslagen der Klient*innen mit dem passenden Angebot im Oberbergischen
Kreis unterstützen. Eine enge und systematisierte Kooperation zwischen den verschiedenen
(Hilfe-)Systemen ist erforderlich, um den Hilfesuchenden Zugänge zu den Hilfeangeboten
der verschiedenen Leistungssysteme im gesamten Oberbergischen Kreis zu erleichtern«,
erläutert Sandra Karsten, die Geschäftsführerin von LEBENSFARBEN. Das Familiensystem
wird mit seiner Problemsituation betrachtet und bedarfsorientiert in die Präventionskette des
Oberbergischen Kreises vermittelt. Hierfür ist der Verein auf der Systemebene mit allen relevanten
Einrichtungen, Ämtern, Akteur*innen vernetzt, um auf der Fallebene die Klient*innen
bedarfsgerecht weitervermitteln zu können.
Mit niederschwelligen Angeboten wie ehrenamtlichen Patenschaften für Kinder und Jugendliche, Case Management/ Lotsentätigkeiten und Gruppenangeboten für Familien, möchte LEBENSFARBEN den Kindern und Jugendlichen Perspektiven schenken.
Sie sollen mit genügend Widerstandskraft ihren Alltag bewältigen können, um gesund und fröhlich durch das Leben zu gehen.
Die ehrenamtlichen Pat*innen schenken den Kindern und Jugendlichen als feste Bezugsperson Zeit, Vertrauen sowie Kontinuität.
ZUSÄTZLICHE BELASTUNG DURCH DIE CORONA-PANDEMIE
Die durch die Pandemie bedingte Isolation vieler Familien, verbunden mit gesundheitlichen und finanziellen Bedrohungen und einer nach wie vor bestehenden Stigmatisierungsgefahr psychischer Erkrankungen und Suchterkrankungen, hat die Situation der betroffenen Kinder und Jugendlichen nochmals deutlich verschärft.
Gerade in diesen schwierigen Zeiten ist es dringend notwendig, die Kinder und Jugendlichen von psychisch- und suchterkrankten Eltern zu unterstützen.
Denn auch ohne die Pandemie tragen diese täglich eine schwere Last. Dort, wo es Solidarität und Unterstützung gab, hat sich die Lage eher verbessert und dort, wo niemand half, wurde es noch schlimmer, noch einsamer, noch auswegloser.
In Zeiten der Pandemie ist es, mehr als sonst, dringend notwendig, ein psychisch stabiles Elternteil zu haben. LEBENSFARBEN hat darum in den regelmäßigen Kontaktaufnahmen die gesamte Familie mit ihrer Situation betrachtet.
PRÄVENTIONSANGEBOTE WIRKEN
Die Evaluation der Präventionsarbeit durch unter anderem Erhebungen von Gesprächen,
in denen die Kinder und Jugendlichen ihre Eindrücke, Gedanken und Gefühle in einem
geschützten Rahmen äußern können, hat ergeben, dass diese zu einer gelingenden Persönlichkeitsentfaltung
beitragen. Sie fühlen sich gesehen und gehört, gestützt und gestärkt.
Zu den Pat*innen wird eine tragfähige Beziehung aufgebaut, wodurch die Kinder und Jugendlichen
Sicherheit und Geborgenheit erfahren. Die Resilienz der Kinder und Jugendlichen wird
gestärkt und ihre Selbstwirksamkeit gefördert.
Die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen werden in den Blick genommen. Bezugspersonen
aus dem weiteren Umfeld der Kinder wie Lehrer*innen, beobachten seit Beginn der Patenschaft
eine positive Weiterentwicklung und Persönlichkeitsentfaltung der Kinder.
Die erkrankten Eltern leiden häufig an Schuldgefühlen, weil sie ihren Aufgaben und Verpflichtungen
als Mütter und Väter nicht voll umfänglich und kontinuierlich gerecht werden können.
Sie empfinden sich als Belastung gegenüber ihrer Familie und sich selbst. Dies hat negative
Auswirkungen auf den Verlauf der Erkrankung und somit direkt auch wieder auf die Kinder.
Die betroffenen Eltern bemerken, dass die Patenschaft für sie und ihr Kind eine spürbare
Entlastung schafft. Durch die regelmäßigen Gespräche von LEBENSFARBEN mit den betroffenen
Familien kann frühzeitig erkannt werden, ob sich der Gesundheitszustand der Eltern
verändert, um bei Bedarf in enger Abstimmung mit ihnen und dem Patenkind, eine Fallkonferenz
mit den beteiligten Akteur*innen einzuberufen und das Hilfenetzwerk/Präventionskette
aktivieren zu können. Kinder und Jugendliche von psychisch und/oder suchtkranken Eltern
erhalten im Oberbergischen Kreis mit einer systemübergreifenden und fallbezogenen Vernetzung
durch das »Hand in Hand« der verschiedenen Akteur*innen die bestmögliche Unterstützung.
AUSBLICK
Durch die hier skizzierten Initiativen, die auch mit Mitteln des LVR-Förderprogramms »Unterstützung
der Kommunen und Kreise im Rheinland beim Ausbau der Angebots- und Koordinationsstrukturen
für Kinder und Jugendliche mit psychisch und/oder suchterkrankten Eltern«
unterstützt wurden, ist die Vernetzung der Kommunen im Oberbergischen Kreis und der
Ausbau der Angebote weiter vorangeschritten. Es gilt nun, die aufgebauten Strukturen nachhaltig
abzusichern.
JUGENDHILFEREPORT 02/2022
SCHWERPUNKT
KINDER MIT PSYCHISCH- UND/ODER SUCHTERKRANKTEN ELTERN
GEMEINSAM ABTAUCHEN
Leon und Tobias sind ein super Team. Die vertrauensvolle Beziehung des 10-Jährigen zu seinem ehrenamtlichen Paten wurde von Lebensfarben e.V. auf den Weg gebracht. Der Verein macht sich professionell und zugleich mit viel Herzblut für Kinder und Jugendliche psychisch und/oder suchtkranker Eltern stark.
Von Natalie Deissler-Hesse, LVR-Landesjugendamt
Tauchen, springen, schwimmen, Hauptsache ab ins Wasser! Wenn der 10-jährige Leon von seinen Schwimmbaderlebnissen erzählt, kommt er schnell ins Schwärmen. Während viele Jungen seines Alters Zocken an Handys, PCs oder Konsolen als Lieblingsbeschäftigung angeben, will Leon ins Schwimmbad. Klar daddelt er auch mal gerne, doch seine Leidenschaft ist das Schwimmen. Was Leon so fröhlich und glücklich macht, liegt nicht nur der Bewegung im Wasser, sondern an einem ganz besonderen Menschen, der ihn ins Schwimmbad begleitet: sein Pate Tobias. Der junge Mann ist nicht etwa Taufpate von Leon, sondern ehrenamtlicher Pate bei "Lebensfarben – Hilfen für Kinder und Jugendliche e.V.". Er begleitet Leon als verlässliche Bezugsperson durch seine Kindheit und ist im Fall von schwierigen Situationen bereit, für Leon Brücken zu bauen.
Krisen und eine angespannte Lage zuhause sind Leon und seinem jüngeren Bruder nicht fremd. Der Kontakt zum getrenntlebenden Vater ist schwierig und selten. Die Mutter, bei der die Jungen leben, leidet unter Depressionen. Der warmherzigen und aufgeschlossenen jungen Frau ist die Bürde der Kinder schmerzlich bewusst. Bei einem depressiven Schub ist sie mit sich selbst beschäftigt, der Haushalt bleibt liegen und die Kinder sind auf sich allein gestellt. Dass sie glauben könnten, ihre Mutter interessiere sich nicht für sie, belastet sie schwer. "Die Kinder sollen nicht denken, Mama hat keinen Bock auf uns," sorgt sie sich, "sie sollen die Krankheit nicht auf sich beziehen". Hilfe fand sie bei Lebensfarben. Der Verein stellte den Kontakt zu Leons Mutter über eine Elterngruppe in einer Klinik mit Fachabteilung für psychische Erkrankungen her, die er leitet und berät.
Entlastung für Kinder und Eltern
Tobias ist der Mutter in schweren Zeiten eine große Stütze und entlastet sie. "Wenn Leon von einem Nachmittag mit Tobias nach Hause kommt, ist er richtig glücklich und ruhig", sagt sie erleichtert. Das Verhältnis zwischen Tobias und Leons Mutter ist offen und unkompliziert. "Er sagt nie zu mir, mach dies, mach das", sagt die Mutter über Leons Paten. Es ist ihr wichtig, dass ihr Sohn eine männliche Bezugsperson hat, der er vertrauen kann und der unbefangen ist. Tobias beruhigende Rückmeldung an die Mutter nach der Zeit mit Leon ist ausgesprochen oder unausgesprochen: "Schau, alles ist ok".
Zwei Wasserratten - ein gutes Team
Leon freut sich wie Bolle auf die Treffen mit Tobias, die alle zwei Wochen 2-4 Stunden, manchmal auch 10 Stunden dauern, je nachdem, was sie vorhaben. Spielplätze, der Affen- und Vogelpark, die Sternenwarte und natürlich das Schwimmbad standen bisher auf der Agenda. Beim Wassersport wird der aufgeweckte Junge Energie los, kann abschalten und taucht im wahrsten Sinne des Wortes in eine andere Welt ein. Schwimmen gehen bedeutet für Leon außerdem exklusive Zeit mit seinem Paten. Zusammen sind sie wie ein Taucher mit seinem Buddy, der im Notfall Hilfestellung leistet und Sicherheit vermittelt. "Ich mag einfach alles an Tobias!", sagt Leon, als wäre das selbstverständlich. Wenn die beiden nicht gerade zusammen Sport machen oder spielen, reden sie "über Gott und die Welt", erzählt Tobias. "Leon ist sehr wissbegierig, stellt Fragen und hat viele Ideen." Der Schüler erzählt ihm auch, was ihn belastet, er weiß, dass er Tobias voll und ganz vertrauen kann.
Pate werden? Für Tobias keine Frage
Tobias hat eine Schweigepflichterklärung unterschrieben, ein erweitertes Führungszeugnis vorgelegt und nimmt regelmäßig an Praxisreflektionen und Supervisionen durch das Lebensfarben-Team teil. Er ist eher zufällig an die Patenschaft gekommen und war "sofort geflasht von dem Verein und seinen Zielen", berichtet er. "Mir eröffnete sich eine Welt, die ich nicht kannte", sagt er mit Blick auf die psychischen Erkrankungen, über die er bei Lebensfarben erfuhr. Als "sehr behütet aufgewachsenes Kind" sei es ihm "wichtig, der Gesellschaft etwas zurückzugeben". Lebensfarben-Geschäftsführerin Sandra Karsten musste daher keine Überzeugungsarbeit leisten, um Tobias als Paten zu gewinnen. "Ich wollte einfach helfen!", sagt er rückblickend. Schnell sei er mit dem Verein und den anderen Pat*innen zusammengewachsen. "Ich habe viel gelernt, bin sehr beeindruckt, was der Verein leistet."
Die Patenschaft – ein sorgsam ausgearbeitetes Modell
Tobias Patenrolle erfordert ein hohes Maß an Verantwortung. Zuverlässigkeit, Sensibilität und Vorkenntnisse über psychische Erkrankungen sind Voraussetzung. Wer ehrenamtlich Pat*in bei einer Familie werden will, muss daher vier Ausbildungstage bei Lebensfarben durchlaufen, deren Inhalte auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen von psychisch oder suchtkranken Eltern zugeschnitten sind.
Patenschaften, die durch Lebensfarben zustande kommen, werden nicht bunt zusammengewürfelt. Pat*innen und Familien sollen gut zueinander passen, ähnlich wie bei Leon und Tobias. 36 patensuchende Kinder stehen derzeit auf der Warteliste und auch einige Pat*innen stehen Schlange. Ob und wie sie zusammenarbeiten werden, entscheiden Kinder, Eltern und Pat*innen in Begleitung eines Koordinierenden von Lebensfarben. Die Dauer einer Patenschaft ist individuell und wird in regelmäßigen Gesprächen mit allen Beteiligten den sich veränderten Bedarfen angepasst.
Zum Portfolio des Vereins, der sich überwiegend durch Stiftungs- und Spendengelder finanziert, gehört nicht nur das Patenmodell, sondern auch weitere flankierende Unterstützungsmaßnahmen: Gruppenangebote, Hilfe zur Selbsthilfe, Aufklärungsarbeit und der Lotsendienst, der für betroffene Familien den Zugang in das psychosoziale Hilfenetzwerk herstellt. Diese niederschwelligen Angebote sollen negative Folgen der elterlichen Erkrankung auf ihre Kinder reduzieren und möglichen Entwicklungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten präventiv begegnen. Mit seinen vielfältigen Aktivitäten trägt Lebensfarben maßgeblich zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen bei.
Unterstützung für die Region Oberbergischer Kreis
Seit Anfang 2021 ist Lebensfarben aktiv am flächendeckenden Ausbau zur Hilfe für Kinder und Jugendliche psychisch und suchterkrankter Eltern im Oberbergischen Kreis beteiligt: Bei dem Gemeinschaftsprojekt "Lückenlos" haben sich der Verein, die Jugendämter des Oberbergischen Kreises sowie das Kreisgesundheitsamt zusammengeschlossen, um das psychische Wohlergehen der Region zu stärken. Lebensfarben übernimmt hierbei die Vermittlung betroffener Familien in das Hilfenetzwerk des Oberbergischen Kreises und bietet ergänzende Unterstützungsangebote an. Das LVR-Landesjugendamt steht beratend zur Seite. Es unterstützt die Akteur*innen im Rahmen des Förderprogramms "Unterstützung der Kommunen im Rheinland beim Ausbau der Angebots- und Koordinationsstrukturen für Kinder und Jugendliche mit psychisch und / oder suchtkranken Eltern" durch eine Initialförderung mit rund 150.000 Euro. Das Projekt ist bis Ende 2022 angelegt.
Doch wie soll es ab 2023 für den Verein weitergehen? Das Team von Lebensfarben hofft ebenso wie Eltern und Kinder, dass das für alle Beteiligten bereichernde Patenmodell dauerhaft fortgesetzt werden kann. Leons Mutter möchte ihren Söhnen eine möglichst sorgenfreie, unbelastete Kindheit schenken. Wenn sie an die Zukunft ihrer Kinder denkt, wünscht sie sich "Glück, Freude, und dass sie ihren Weg finden." Der Wunsch hat gute Chancen, in Erfüllung zu gehen, wenn der Verein Lebensfarben eine Regelfinanzierung erreichen kann. Leon und Tobias sind dafür sein bestes Argument.